»Führerschein-Tourismus«: Auslandsführerscheine sind begehrt...

Ausländische Fahrerlaubnis

... aber oft nichts wert! Glaubt man zum Beispiel den Versprechungen der Organisationen, die damit Geld verdienen, so sei es überhaupt kein Problem, mit einem Auslandsführerschein in Deutschland zu fahren. Das böse Erwachen kommt erst, ...

...wenn man erfährt, dass die Voraussetzungen zum Benutzen der ausländischen Fahrerlaubnis in Deutschland niemals vorgelegen haben, selbst wenn die Fahrerlaubnis im Ausland gültig ist. Der neue Führerschein ist dann nicht billig, sondern wertlos. Hier einige Beispiele, was geht und was nicht.
 

Der deutsche Austausch-Schüler im Ausland

Viele Austauschschüler freuen sich auf die Gelegenheit, in den USA oder Kanada eine Fahrerlaubnis zu erwerben, und sie dann später endgültig in eine deutsche umschreiben zu lassen. Wer mindestens 185 Tage seinen Wohnsitz im Ausland hatte und dort den vollwertigen Pkw-Führerschein erworben hat, darf in Deutschland erstmal ein halbes Jahr lang (gerechnet von der Rückkehr an) fahren, selbst wenn er das deutsche Mindestalter noch nicht erreicht hat. Nach diesem halben Jahr darf er in Deutschland nur weiterfahren, sofern er die ausländische in eine deutsche Fahrerlaubnis umschreiben lässt (diese Frist darf man also auf keinen Fall versäumen, sonst handelt es sich anschließend um Fahren ohne Fahrerlaubnis!).

Die ausländische Fahrerlaubnis darf zum Zeitpunkt der Umschreibung nicht abgelaufen sein. Und — beim Umschreiben gilt die Forderung des Mindesalters! Wer also nach Ablauf dieses halben Jahres noch keine 18 Jahre alt ist, der muss er eine Art »Zwangspause« einlegen, weil ihm die deutsche Fahrerlaubnis für die Klasse B erst ab Erreichen des Mindestalters erteilt werden darf.

Nur vollwertige Führerscheine!

Lernführerscheine oder vorläufig erteilte Fahrerlaubnisse werden in Deutschland weder umgeschrieben noch anerkannt (keinen einzigen Tag lang).

 

Dauerte der Aufenthalt im Ausland weniger als ein halbes Jahr, so gilt der ausländische Führerschein hier überhaupt nicht - auch nicht nur für ein paar Tage -, denn er erfüllt nicht die Voraussetzungen der 185 Tage Auslandsaufenthalt. Genau diese Regelung soll dem "Führerschein-Tourismus" vorbeugen, denn es ist kein Geheimnis, dass in einigen Staaten dieser Welt Kosten und Mühen zur Erlangung der Fahrerlaubnis geringer sind als bei uns. Bei den 185 Tagen handelt es sich um eine deutsche Mindestanforderung — einige US-amerikanische Behörden lehnen Fahrerlaubnisanträge jedoch ab, wenn der Aufenthalt weniger als ein Jahr beträgt.

Halbjähriger Aufenthalt im Ausland

Damit eine ausländische Fahrerlaubnis in Deutschland überhaupt anerkannt werden kann, muss man seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt mindestens 185 Tage im Ausland gehabt haben, während der Führerschein dort erworben wurde.

  

Führerschein im Urlaub?

Jeder Auslandsaufenthalt, der kürzer als 185 Tage dauert, berechtigt aus deutscher Sicht NICHT zum Erwerb einer Fahrerlaubnis. Es kann zwar sein, dass der ausländische Staat die im Kurzurlaub erworbene Fahrerlaubnis voll akzeptiert (was aber sehr unwahrscheinlich ist), jedoch darf von diesem Auslandsführerschein in Deutschland kein Gebrauch gemacht werden.

Das betrifft vor allem deutsche Staatsbürger, gegen die hierzulande ein Fahrverbot verhängt oder denen die Fahrerlaubnis ganz entzogen worden ist. Immer wieder schaffen es Geschäftemacher, ahnungslose Kunden davon zu überzeugen, dass eine ausländische Fahrerlaubnis oder ein internationaler Führerschein genügt, um in Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen. Hier kann nur ausdrücklich davor gewarnt werden, solchen Anbietern auf den Leim zu gehen. Solange die Voraussetzungen des halbjährigen Auslandsaufenthaltes nicht vorliegen, oder in Deutschland ein Verbot besteht, Kraftfahrzeuge zu führen, solange ist keine ausländische Fahrerlaubnis dieser Welt in Deutschland gültig.

Wer es doch versucht und bei einer Kontrolle oder einem Unfall erwischt wird, wird angezeigt und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis bestraft. Die Haftpflichtversicherung kann bei einem Unfall sogar Regressansprüche gegen den Fahrer stellen (Schwarzfahrt).
 

Fahrerlaubnis im EU-Nachbarland

Dasselbe gilt für das EU-Ausland. Eine Fahrerlaubnis aus einem EU- oder EWR-Mitgliedsland ist zwar ohne Umschreibung in Deutschland gültig, allerdings liegen bei einem Auslandsaufenthalt von weniger als 185 Tagen die Voraussetzungen zur Erteilung einer Fahrerlaubnis im EU-Nachbarland nicht vor: Man kann, innerhalb der EU einheitlich geregelt, nur dort seinen Führerschein beantragen, wo man seinen ordentlichen Wohnsitz hat. Ein Urlaubsführerschein wäre also nach deutschem Fahrerlaubnisrecht nicht rechtmäßig erteilt und somit ungültig.
 

Ordentlicher Wohnsitz

Der ordentliche Wohnsitz ist dort, wo jemand mindestens 185 Tage im Kalenderjahr wegen persönlicher und beruflicher Bindungen wohnt. Wenn es keine beruflichen Bindungen gibt, so müssen die persönlichen Bindungen eine enge Beziehung zum Wohnort erkennen lassen.
(vgl. Art. 9 Richtlinie 91/439/EWG)

 

Führerscheine mit der Post?!?

Unermüdlich werden Vermittlungen von Auslandsführerscheinen im Internet oder per Zeitungsannonce angeboten, gegen fürstliche Bezahlung versteht sich. Durch fantasievolles Argumentieren mit Gerichtsurteilen, die aus völlig anders gelagerten Zusammhängen gerissen wurden oder auf der Gesetzeslage vor dem 1.1.1999 basieren (Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung!), versuchen diese Anbieter, rechtlich unerfahrene Kunden zu ködern. Solche Fahrerlaubnisse sind in Deutschland keinesfalls gültig; ob sie im Herkunftsland überhaupt rechtmäßig ausgestellt wurden, sei ganz der Fantasie des geneigten Lesers überlassen. Wer darauf hereinfällt, begeht mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs in Deutschland eine Straftat und kann sich nicht mit mangelnder Kenntnis herausreden. Unwissenheit schützt nicht vor Strafe.

Unser Tipp: Interessenten sollten sich, wenn unsere Ausführungen hier noch nicht genügen, bzw. die Informationen in der Fahrerlaubnisverordnung nicht verstanden worden sind, bei einer neutralen Stelle wie einem Automobilcub oder bei einem Anwalt informieren. Dort wird dann schnell klar, was solche Versprechungen wirklich wert sind. Natürlich erteilt auch jedes Straßenverkehrsamt Auskunft, aber meist trauen sich die Betroffenen schon instinktiv nicht dort hin... Vielleicht helfen die Homepages des Verkehrsministeriums oder des Kraftfahrt-Bundesamtes weiter?

Fahren in D unmöglich bei Fahrverbot oder negativer MPU!

Wem in Deutschland

  • ein Fahrverbot auferlegt,
  • die Fahrerlaubnis entzogen,
  • eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung angeordnet,
  • das Fahren endgültig untersagt worden ist,

kann dies nicht mit einer ausländischen Fahrerlaubnis verhindern, egal aus welchem Land der Erde sie stammt.

 

Stellungsnahme des Bundesverkehrsministers

Anlässlich des EU-Verkersministerrats in Bregenz gibt Wolfgang Tiefensee am 03.03.2006 folgende Pressemitteilung bekannt:

"Wir wissen, dass in Deutschland mehr als 2800 Personen einen Führerschein im benachbarten Ausland erworben haben. Wir müssen sogar davon ausgehen, dass die tatsächliche Zahl wesentlich höher ist. Dabei handelt es sich überwiegend um Personen, denen in Deutschland aufgrund von Alkohol- und Drogenkonsum am Steuer der Führerschein entzogen werden musste. Diese Personen, die für eine weitere Teilnahme am Straßenverkehr ungeeignet sind, umgehen die strengen Regelungen in Deutschland und erwerben im benachbarten Ausland einen Führerschein. Zwar dürfen solche Führerscheine in den Nachbarstaaten nicht an Deutsche ohne dortigen Wohnsitz ausgegeben werden, aber leider geschieht dies immer häufiger.

Deutschland hat das Problem über bilaterale Vereinbarungen zu lösen versucht. Das hat nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Die nationalen Möglichkeiten sind damit erschöpft. Zudem verbietet ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs Deutschland seit kurzem, diese zu Unrecht ausgestellten Führerscheine bei Kontrollen einzuziehen. Damit sind wir gezwungen, Autofahrer, die wegen Alkohol- und Drogendelikten im Straßenverkehr aufgefallen sind, weiterfahren zu lassen. Das ist für mich inakzeptabel, weil es die Verkehrssicherheit erheblich beeinträchtigt.

Da wir das Problem von zu Unrecht im Ausland an Deutsche erteilte Führerscheine national nicht lösen können, brauchen wir noch in diesem Jahr eine europäische Lösung. Nur durch eine EU-weite Regelung können wir verhindern, dass Alkohol- oder Drogensünder unter Umgehung deutschen Rechts weiter am Straßenverkehr teilnehmen können. Ich habe meine europäischen Verkehrsministerkollegen heute in Österreich aufgefordert, gemeinsam mit Deutschland rasch eine Lösung für dieses Verkehrssicherheitsproblem zu finden."

..zum Seitenbeginn